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PRODUKTION

5. Robocup German Open in Paderborn

Watschelnde, wackelnde Fußballer

Beim Robocup in Paderborn lassen Forscher erstmals zweibeinige Roboter gegeneinander kicken.

PADERBORN. Den Spielern fehlt ein wenig der Zug zum Tor. Vielleicht lenkt sie das Blitzlichtgewitter vom Spielfeldrand ab, und sie bleiben deshalb immer wieder einfach stehen und tanzen auf der Stelle. Oder sind die Mannen aus Osnabrück und Freiburg verwirrt, dass Schiedsrichter und Betreuer in Socken auf dem Fußballplatz herum laufen? Die Spieler watscheln wie Enten, grunzen und wackeln mit den Oberkörpern als ob sie betrunken oder von Drogen benebelt sind. Doch kurz vor Ende der ersten Halbzeit gelingt den Freiburgern in den grünen "Leibchen" ein Tor. Die Zuschauer und Betreuer jubeln – der Schiedsrichter ist begeistert. Nur die Spieler wirken seltsam unbeteiligt und führen weiter ihren Eiertanz auf.

Sie können auch gar nicht jubeln. Den Spielern fehlt dafür der entsprechende Algorithmus. Macht aber nichts, denn dafür freuen sich die Forscher am Spielfeldrand umso mehr. Es ist das erste Tor in einem offiziellen Spiel zweibeiniger Fußball-Roboter in Deutschland. Diese so genannten Humanoiden waren die Attraktion bei den 5. Robocup German Open in Paderborn, dem größten Roboter-Fußballturnier nach der Weltmeisterschaft. Dort traten in den vergangenen drei Tagen 63 Forscherteams aus zwölf Nationen in diversen Ligen gegeneinander an.

Seit 1997 messen sich Wissenschaftler weltweit im Roboterfußball – die Spieler liefen bislang nur auf Rädern oder vier Beinen. "Fußball ist für uns Forscher eine sehr große Herausforderung", sagt Ansgar Bredenfeld vom Fraunhofer Institut für Autonome Intelligente Systeme, der den Robocup in Paderborn zusammen mit dem Heinz Nixdorf Museums-Forum organisiert. Den Zuschauern sind über Fußball die Forschungsergebnisse dagegen gut zu vermitteln.

Und die Ergebnisse sind beeindruckend. "Noch vor ein paar Jahren sah ein Roboter-Fußballspiel aus wie ein F-Jugend-Spiel von Kindern. Alle rannten gleichzeitig zum Ball und behinderten sich gegenseitig", sagt Bredenfeld. "Heute stehen die Roboter über Funk in Kontakt. Sie agieren völlig autark und stimmen sich über ihre Aktionen ab. Das heißt, sie berücksichtigen, was ihre Mitspieler machen. Mittlerweile gibt es sehr interessante Spielzüge, es gibt dynamische Abwehrketten und sogar ein bisschen Raumspiel", sagte Bredenfeld, der zu den führenden Forschern in Deutschland zählt.

Angestachelt von den großen Fortschritten bei den Vierbeinern und den Robotern auf Rädern, wagen sich einige Wissenschaftler an die nächste Herausforderung, die Zweibeiner. Die ca. 40 Zentimeter hohen Spieler heißen Robo-Sapien. Sie sind mit Kamera und Computertechnik aufgerüstete kommerzielle Roboter "KHR-1", die die japanische Firma Kondo für den Spielzeugmarkt entwickelt hat.

Die Forscher müssen sich deshalb zunächst nicht um das äußerst komplexe Problem kümmern, den Robotern das Laufen beizubringen. "Es ist sehr wichtig, dass die humanoiden Systeme robust sind. Sie sollten eine Rempelei schon überstehen, ohne umzukippen", sagt Sven Behnke von der Uni Freiburg. Der KHR-1 kippt nicht um. Die Forscher können sich deshalb darauf konzentrieren, ihm künstliche Intelligenz einzuhauchen: "Auch im Spiel vier gegen vier stehen die Roboter bereits über Funk in Kontakt und sprechen sich ab", sagt der Forscher.

Der Nachteil des Kondo-Modells: Sie watscheln und schaffen maximal 8 Zentimeter in der Sekunde, wenn sie nicht gerade auf der Stelle tanzen. Richtig schießen können sie auch nicht. Noch nicht, denn die Wissenschaftler wie Behnke aus Freiburg, Professor Martin Rietmüller aus Osnabrück und Professor Oskar von Stryk aus Darmstadt arbeiten bereits an selbst gebauten Zweibeinern, die sie in Paderborn vorführten. Doch die Forscher haben noch einen weiten Weg vor sich: "Humanoide Roboter sind heute so weit entwickelt wie Computer vor ungefähr 50 Jahren", sagt Behnke.

Auf die Idee, Robotern Fußball beizubringen, kamen die Forscher in den 90er Jahren. Als 1997 der Computer Deep Blue Schachweltmeister Garry Kasparow geschlagen hatte, erkannten die Wissenschaftler, dass sie ein neues Spielfeld zur Erforschung künstlicher Intelligenz brauchten. Ihnen war aufgegangen, dass Schach eigentlich gar keine Intelligenz voraussetzt. "Deep Blue hatte wenig Intelligentes, weil er keine Analysen betreiben konnte. Er konnte die Strategie des Gegners nicht erkennen und keine Gegenstrategien entwerfen", sagt Professor von Stryk von der Universität Darmstadt, der neben anderen die Deutsche Roboter-Nationalmannschaft im vergangenen Jahr zur Weltmeisterschaft führte.

"1997 hat die Forschungswelt definitiv erkannt, dass Intelligenz einen Körper braucht. Erst wenn man einen Körper hat, kann man einen Roboter zum Beispiel fragen: Wie fühlt es sich an, auf einem Bein zu stehen", sagt von Stryk. Zudem habe die biologische Kybernetik heraus-gefunden, dass ein Lebewesen umso intelligenter sein müsse, je mehr eigene Bewegungen es steuern könne. "Ein Elefant gilt beispielsweise als sehr intelligent, weil er einen so unglaublich beweglichen Rüssel hat", sagt von Stryk. Der Mensch, der von allen Lebewesen die meisten Bewegungen koordinieren muss, ist deshalb besonders intelligent. Bewegung und Intelligenz: Die Forscher gebaren die Idee zum Roboterfußball.

Autor: Von Grischa Brower-Rabinowitsch

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